Sommer im Zenit. Schnitzeljagd. Wald, Straße, Wald, Spielplatz, dann, mit geschlossenen Lidern, fast Tempelhofweite. Feierabendweichkäse, -brot, -ingwerlimo. Hauptsache Oliven. Viel zu lange nicht.
Altbautürklinke 1, 2 und 3. Zwei Zimmer, Küche, Bad und kein kleiner Balkon. Basilikum am Fenster und PostIts an der Wand. Büchertürme unter Flügelfenstern. Faserland, Jahre zu spät, genau richtig.
Stadtflanieren, folgen Sie mir unauffällig. Lesen lernen; sehen lernen durch die Linse. Gießerbrücke, Hausbesetzerpoesie, hohe Hallen in Rostrot. Spinnerei bis die Füße nicht mehr tragen und der Kopf sich verliert. Heimkehren, zitternd.
Winterdämmerung. Rollkofferrollen über steinigen Schneematsch, auch schon egal. Zerschlissener Cord, weil die Wärme von woanders kommt, und Klaviermusik, Klaviermusik überall mithin.
Ein Bilderbuchabend mit vermissten Körpern, die brennende Kerze nur ein wenig zu nah an der Wand. Zwei, verschlungen, Köpfe an Knien und Herzen in Händen, Katzenkindblindheit im Wohligsein unter rotbraunem Stoff. Ein Dritter, mit Schemel, die schwarzen Füße drauf zuckend statt ruhend. Von rauen Lippen spielt Thomas Brasch Spielverderberspiele* mit den immer Zweifelnden, bis keine*r mehr gewinnt.
Apfelpfannkuchenluft nach traumreich-schlafloser Nacht. Grauer Teewetterregen und Zeitung im Bett. Kurz noch die Weite im Blick und dann doch schon dieses scheiß Ziehen in der sich verengenden Brust auf dem Weg zum Bahnhof; dieses scheiß Fernbeziehungsziehen, das in der Distanz zum Fernbeziehen wird, zum alles auf jemanden beziehen, der gerade nicht da ist.
Herbstanfang. Knapp verpasst. Drachenhimmelgemälde. Und wieder vorbei. Ein paar Zentimeter zu kurz, Schritte zu wenig, Sekunden zu langsam. Nähe üben trotz Horizont.
Federweißer, Holzofenwärme und kein Bodensee. Ankommen zwischen Limettenaufguss und eingeschworener Stille, vertrautem Blick; zwischen Vergangenheitsstapeln und Pilzrisotto. Für zwei Personen eine mittlere Tasse Reis, Gemüsebrühe in doppelter Menge, und immer erst kurz vorm Anbrennen, auf den letzten Metern lieber zu wenig, auf die Konsistenz achten.
Vom Ende der Einsamkeit. Klapperndes Geschirr, spinatdunkelgrüne Wohligkeit und der Geruch von Verveinetee zwischen den Seiten. Gründerzeit. Fremd gewordener Mut, sanfte Entschlossenheit im Blick auf das, was kommt. Wer kommt. Behutsames Fallen in die andere Welt, die andere Zeit, die nur kurz angedauert hat, die noch nicht wieder beginnt. Aufbrechen, den vermissten Atem ein paar Sekunden zu lang im Nacken.
Joan Mitchell, Untitled im Spiegel (2017). Früh schlafen und trotzdem Morgengrauen. Hoffen, dass die Realität gnädiger war als die Phantasie. Wortlos die Zahnbürste ins Deckelfach. Rucksackschultern. Gewicht verlagern. Überschreiten der Grenze, des Abgrunds, dann Stufe 1, 2, Automatiktür, blau-blaue Sitzmuster. Ans Rückengestänge gelehnt der Erschöpfung nachgeben.
Wintergräue, die zweite. Dielenboden, ein andrer. Windspiel mit tausend offenen Türen. Lichtflecken, Holztreppenjagd, virtuelle Wirs kurz unterm Himmel und dann kein Entkommen mehr. Vom Sturm nicht losgelassen werden. Stranden. Nicht loslassen können trotz allem Wollen. Zuckende Finger beim Einschlafen und Champagner nur in der Ferne. Wie Jahre später: Der Honigmorgen, der folgt, mit weißem Fleisch, mühsam an der Eierschale klammernd. Kinderaugen in der Bahn, fast schon verschwörerisch, und dann, genau im richtigen Moment: ein Lächeln, die Sonne, und draußen ist alles da, auch wenn es niemand bezahlt hat, und der Himmel ist so hoch wie ich ihn mit vier gemalt hab.
_____________________________ *Spielanleitung: |