Erste Tage mit einem streikenden Körper

Kurz nach meiner Ankunft in Israel war ich vor allem eines: Krank. Und zwar ständig. Erst schlug ich mich mit einem schmerzenden Ohr herum, dann hatte ich plötzlich immer wieder heftige Bauchschmerzen und nach zwei Wochen in Jerusalem war meine Nase trotz sommerlicher Temperaturen verstopft, mein Appetit verflogen und Tee mein Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Papa war natürlich überzeugt: „Jetzt sagt dir dein Körper, dass ihm dein Stress und Rumgereise in den letzten Jahren ein bisschen viel wird!“. Und Mama bekam fast wöchentlich einen „Mama, ich habe das und das, was soll ich tun?“-Anruf, weil ich bisher selbst um diese kleineren Wehwehchen immer herumgekommen war – und deshalb keine Hausmittelchen gegen Bauchschmerzen oder Schnupfen kannte. Hatte ich einfach nie gebraucht.

1501_TeeUmso mehr ärgerte ich mich dann, dass ich in den ersten Tagen in einem neuen Land Bekanntschaft damit machen musste. Irgendetwas ist da wohl übriggeblieben von den Erfahrungen der ersten Schultage, an denen sich immer entschied, neben wem man sitzt, mit wem man die Gruppenarbeiten macht und wer als erster die tollen Erlebnisse der Sommerferien erzählt bekommt – und der Angst, etwas davon zu verpassen. Und mit jedem gemeinsamen Filmabend, Ausflug in die Altstadt Jerusalems oder Kneipenbesuch, den ich absagte oder wegen irgendeines Unwohlseins  früher verließ, wurde meine Laune schlechter. Bis es kurz nach einer meiner knatschigen Absage-SMSen plötzlich an meiner Tür läutete und ein Sprachkurs-Kommilitone davorstand, mit einer Blume und einer Box mit Suppe in der Hand, und wir den Abend mit einer Bazillenweite Abstand zwischen uns auf der Couch verbrachten und redeten, über krankheitsbedingte Stimmungsschwankungen, Kind-Sein mit 24, langweilige Barabende und mittelmäßige Hollywoodfilme. Und wir uns viel besser kennenlernten, als wir es bei einer der anderen Unternehmungen gekonnt hätten.


Als ich dann jeden zweiten Tag Besuch hatte, fiel es mir auch nicht mehr schwer, mal zuhause zu bleiben, wenn mein Körper streikte. Und inzwischen kann ich nicht nur wieder frei atmen, schlafe ohne Bauchschmerzen ein und mein Ohr riecht nicht mehr nach Zwiebeln – ich kann auch ohne Taschentuch-Familienpack und schlechtes Gewissen die Stadt erkunden. Kurz nachdem ich wieder auf den Beinen war, habe ich mich dabei auf dem Shuk mit Kamille, Eukalyptus, Heilerde, scharfen Gewürzen und grünem Tee eingedeckt. Nur für alle Fälle.

 

 

Ein Kommentar

  1. Hallo Anna, ich bin ja ganz begeistert was du da schreibst und freue mich schon auf deinen nächsten Bericht.

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