Gefährliche Geduld

Das Niemandsland beginnt kurz hinter der jüdischen Siedlung Har Adar und dem palästinensischen Dorf Qatanna, wenige Kilometer im Nordwesten von Jerusalem. Die „Green Line“, die nach dem Waffenstillstand mit Jordanien 1949 die Außengrenze Israels war und seit dem Ende des Sechstagekriegs 1967 die Grenze zwischen Israel und den besetzten Gebieten markiert, spaltet sich hier in zwei Demarkationslinien, die einen schmalen Streifen Land einschließen. 1949 hatten Israel und Jordanien sich darauf geeinigt, dass diese Fläche von nicht einmal 46 km² Niemandsland bleiben sollte, und auch nach 1967 hat Israel…

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E-Mails von Eran

Ungefähr zweimal im Monat bekomme ich Post von Eran. Ich habe mich mit Eran noch nie unterhalten, und weiß auch nicht, wie er aussieht. Trotzdem schickt er mir alle 14 Tage Mails, in denen er sich ein bisschen so anhört, wie sich meine Mutter angehört hat, als ich noch jünger war. Angefangen hat alles kurz nach meiner Ankunft in Jerusalem. Eran empfahl „angemessene Kleidung“, den Einkauf von Nahrungsmitteln für mehrere Tage im Voraus und, ganz wichtig, den regelmäßigen Blick auf mein Handydisplay. Was war passiert? In Jerusalem wurde…

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Tomaten aus Gaza

Als vor wenigen Wochen einer der Händler auf dem Jerusalemer Shuk „Tomaten, frisch aus Gaza!“ anbot, zweifelte ich im erste Moment an meinen Hebräischkenntnissen: Tomaten, aus Gaza? Der Verkäufer nickte und strahlte mich an. Verwundert drehte ich mich zu Yosi, mit dem ich über den Markt lief: Gibt es in Gaza nicht natürliche sowie politisch provozierte Probleme mit der Wasserversorgung, von Israel erlassene

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Far together

Die meisten Menschen, mit denen ich während meines Studiums, im Praktikum oder beim Arbeiten Freundschaften geschlossen habe, sind das, was meine Omi „Rumtreiber“ nennen würde. Ihr WG-Zimmer ist häufiger untervermietet als dass sie dort wohnen, sie verbringen mehr Zeit auf den Websites von Flugsuchmaschinen als auf Facebook und sie halten den Übergang von „sesshaft“ zu „bettlägerig“ für fließend. Wenn ich ihnen einen Termin zum Skypen vorschlagen will, werfe ich vorher einen Blick auf die Zeitverschiebungstabelle über meinem Schreibtisch. Ich lebe nicht in einer Fernbeziehung, ich lebe in vielen.…

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Die Angst in den Köpfen

In Deutschland verlasse ich das Gebäude, wenn ein Zivilist eine Pistole ungesichert bei sich trägt; dann informiere ich die Polizei. In Israel sehe ich, dass dem jungen Mann am Tisch vor mir in der Bibliothek in der Universität eine Waffe locker im Hosenbund seiner Jeans steckt, nähere mich in normaler Schrittgeschwindigkeit seinem Tisch, setze ein freundliches Lächeln auf und frage höflich: “Hey, entschuldige, würde es dich stören, die

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»Das Schwierigste sind die Kinder«

Als säkulare Westeuropäerin musste ich mich in meinen ersten Wochen in Jerusalem vor allem an zwei Dinge gewöhnen: Die Menge an jüdischen, muslimischen oder christlichen Heiligtümern und die Menge an Kindern in der Altstadt. Während ich mit ersterem gerechnet hatte, kam letzteres ziemlich unerwartet. Denn mindestens genauso oft, wie ich plötzlich zufällig einem Heiligtum gegenüberstand und besondere Verhaltensregeln befolgen musste, stieß ich in Jerusalem auf Horden kleiner Jungen und Mädchen, die in Deutschland als Kindergartengruppe durchgehen würden, hier aber einfach nur Geschwister auf dem Weg zum nächsten Spielplatz…

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